Archiv » Alles anders (28)

Gun`s Schritte fühlten sich nicht mehr so ausgreifend und stolz an, als ich ihn am nächsten Morgen auf die Bahn ritt.
Emilia und einige Pfleger standen am Rand und schauten gespannt zu wie der Trainer versuchte mir Anweisungen zu erteilen denen ich, wie ich zugeben musste, nicht ganz Folge leisten wollte. „Und ich sage ihnen zum wiederholten Male: Ich werde Gun nicht einfach unaufgewärmt losrennen lassen, und jetzt kommen sie nicht damit an das er durch das Aufwärmen nur Energie verschwendet die er für das Rennen braucht!“ Ich kochte innerlich bereits vor Wut. „Widersprechen sie mir nicht einfach, junges Fräulein. Sie mögen vielleicht berühmt sein, aber einem erfahrenem Trainer wie mir müssten sie doch eigentlich vertrauen können!“ versuchte er noch einmal verzweifelt mich zu überzeugen. Ohne ihm weiter Aufmerksamkeit zu schenken drehte ich Gun um, zu einem Trab gegen den Uhrzeigersinn. Ich hörte hinter mir den aufgebrachten Trainer schon wieder anfangen zu schimpfen, bis Emilias sanfte und autoritäre Stimme ihn besänftigte: „Lassen sie mal. Sie hat halt andere Trainingsvorstellungen, und ich bin einfach nur froh das sie hier ist.“ Damit war die Diskussion offensichtlich beendet. Gun bewegte sich unter mir bereits viel mehr wie er selbst. „Bist du bereit mein Junge?“ „Na klar.“ Zur Bestätigung schlug er mit dem Kopf. Als ich eine Runde im Trab beendet hatte war Gun total heiß auf das Rennen und zu allem bereit. Dann wendete ich ihn abermals und trieb ihn in einen Arbeitsgalopp. In einem gleichmäßigen Rhythmus trommelten seine Hufe über den Boden, und vergaß für einen Augenblick wie sehr er sich doch verändert hatte. Als wir nach einigen Sekunden den Viertelmeilen Pfosten erreicht hatten, ließ ich ihn laufen. Ich spürte unter mir die Anstrengung die er aufbrachte als er versuchte so schnell wie früher zu Rennen. Für Menschesaugen war es zwar kaum zu erkenne, doch sein Speed war nicht mehr derselbe. Er rannte für mich, nicht für einen Sieg, nicht für den Spaß den er früher immer empfunden hatte. Dennoch war er Rekordverdächtig schnell und heimste sich einen tosenden Applaus ein als er über die Ziellinie schoss. „Gut gemacht, mein Hübscher.“ Freudig klopfte ich ihm den Hals. „Ich wusste das er auf dich besser reagiert.“ Emilia krauelte Gun die Stirn, woraufhin er genüsslich den Hals streckte. Schnell glitt ich aus dem Sattel und führte ihn von der Bahn. Ein Stallbursche kam angelaufen doch ich bedeutete ihm mit einem Blick das ich mich selber um Gun kümmern wollte. Es war ein ziemlich warmer Tag im Mai, und ich beschloss ihn heute eine Dusche zu gönnen. Nachdem ich ihn abgesattelt und abgetrenst hatte führte ich ihn zu dem Waschstand nach draußen. Ich ließ das Wasser über seinen ganzen Körper laufen. Danach stellte ich ihn und Shine zusammen auf eine Weide und schaute ihnen noch ein wenig zu. Ich beschloss nach mehr als 2 Monaten mal wieder jagen zu gehen, und lief schnell in den Nahe gelegenen Wald. Er war nicht annähernd so schön wie der in Cambridge, doch sollten genug Tiere hier leben. Sofort vernahm ich einen himmlischen Duft und überließ mich ganz dem Tier in mir. Ich mochte es nicht zu jagen, doch musste es sein. Nach schon 2 großen Tieren riss ich mich aus meinem Jagdrausch und wandte mich von den leblosen Körpern ab. Und plötzlich vernahm ich noch einen anderen Geruch. Anscheinend war noch ein anderer Vampir auf die Idee gekommen hier zu jagen. Ich ging gar nicht weiter auf den Geruch ein und flüchtete schnell vor dem Vampir. Ich hatte noch nie darüber nachgedacht, doch ich bemerkte, das ich tierische Angst vor anderen Vampiren hatte. Aus Angst lief ich noch schneller bis mich plötzlich zwei starke Arme auffingen und mich umschlossen. Ich wusste ohne hinzusehen wer es war. Ich sog seinen wunderbaren Geruch ein und sah ihm in die Augen. Sein Ausdruck war besorgt. „Was ist los, Schatz?“ er hielt mich auf Armeslänge von ihm weg und schaute mir sehr tief in die Augen. „Also, es ist so. Ich war jagen, und plötzlich roch ich einen anderen Vampir. Ich hatte tierische Angst und bin geflüchtet.“ Dann zog er mich noch fester an sich und flüsterte: „Wann hast du endlich mal wieder ein wenig Zeit für mich?“ Die Frage traf mich ziemlich tief, und ich musste mir eingestehen, das Marcel zwischen den ganzen Pferden ganz schön untergegangen war. „Heute und die Ewigkeit..“ antwortete ich. Dann küsste er mich so leidenschaftlich, das ich fast in Ohnmacht fiel. Gemeinsam gingen wir wieder zurück zum Hotel der Rennbahn. Ich schaute in die Untergehende Sonne und wünschte mir ich wäre immer so glücklich wie jetzt.